Warum die Energiewende mit Wasserstoff nicht gerettet werden kann!

+++Das müssen auch die Dümmsten verstehen, Wasserstoff ist die Zukunft und Wasser haben wir genug.+++

Die nationale Wasserstoffstrategie ist im Juni 2020 von der Bundesregierung verabschiedet. Wasserstoff werde eine Schlüsselrolle in der Energiewende einnehmen, da eine Energiewende ohne Stromspeicherung nicht möglich sei. An das Volk gewandt wurde gesagt, dass müsse auch der Dümmste verstehen, dass Wasserstoff die Zukunft sei, denn Wasser ist ja genug vorhanden. Immerhin ist dafür ein Budget von 9 Milliarden Euro in Aussicht gestellt. Geld, das heute und morgen nicht vorhanden ist, wie auch das Wasser. Dieser Beitrag soll Ihnen ein eigenes Urteil ermöglichen, das auf ihren technischen Grundverständnis aufbaut und nicht von Meinungsmachern vor gedacht wurde. Dazu muss ich etwas wissenschaftlich werden. Aber keine Sorge, „wir schaffen das“.

+++Das Problem ist die Stromunterdeckung bis 2050.+++

Nehmen Sie sich die Zeit, um die Grafik 1 zu verstehen. Mit dem Ausstieg aus der Atomkraft werden bis 2021/22 sechs AKW abgeschaltet. Die Stromerzeugung von den dann fehlenden 74 TWh (12,2%) ist bis heute nicht geklärt. Bis 2038 folgen dann der Rückbau der Kohleverstromung. Die Stromunterdeckung erhöht sich auf 243 TWh/jährlich und bleibt ebenfalls offen. Bis 2050 vergrößert sich die Stromunterdeckung auf 339 TWh, also etwas mehr als die Hälfte der Stromerzeugung 2019. Rosige Zeiten sehen anders aus. Unterstellt wird bei der Grafik, dass die Stromerzeugung der Erneuerbaren Energien und der deutsche Stromkonsum konstant bleiben wird

.+++Wo soll der Strom herkommen?+++

Natürlich von den Erneuerbaren Energien, vorzugsweise aus Wind und Sonne, denn die anderen Energiequellen sind begrenzt erweiterungsfähig. Die Herstellung von zusätzlichen 74 TWh (2021/22), 243 TWh (2038) und 339 TWh (2050) erfordern aber die Belegung einer nicht unerheblichen Fläche. Setzen wir den Flächenbedarf einer 3 MW-Windanlage mit 0,5 km² an, dann ergibt sich ein Flächenbedarf von 185.000 km². Deutschland hat aber nur eine Fläche von 357.000 km². Die Fläche für Solaranlagen käme noch hinzu. Dass sich hier der Widerstand verstärkt ist verständlich, der Windausbau ist ins Stocken geraten und fast alle Gemeinden in Mansfeld-Südharz lehnen den Ausbau der Windspargel ab. Und mal ehrlich, wer möchte die Sichtachse zwischen Stolberg und Kyffhäuser durch Windanlagen verbauen lassen?

Wind- und Sonnenergie haben die bekannte „Dunkelflaute“ zu meistern und das Ziel der Wasserstoffstrategie besteht darin, überschüssigen Wind- und Sonnenstrom in Wasserstoffspeichern zu sammeln, um dann bei Dunkelheit und Windflaute in Strom umgewandelt werden zu können.

+++Durch die Umwandlungs- und Speicherverluste fliegen uns die Kosten um die Ohren.+++

Wasserstoff ist bekanntlich ein Molekül von ca. 0,1 mm Größe und einem spezifischen Gewicht von 0,0899 g/l. Es ist ein höchst flüchtiges Gas mit geringer volumetrischer Energiedichte. Daher muss man zum Transport und zur Lagerung entweder auf extrem tiefe Temperaturen (-255 °C – fast wie im Weltraum) oder auf extrem hohe Drücke (700 bis 1000 bar) ausweichen. Eine Eigenschaft des Wasserstoffs ist aufgrund seiner geringen atomaren Größe seine Diffusion durch Festkörper. Das hat zur Folge, das winzige Molekül gast allmählich aus, weil kein Behälter eine langfristige Barriere darstellt. Um ein Beispiel zu nennen, in Houston eingeschifft wäre in Rotterdam weniger als die Hälfte übrig. Das ist physikalisch vorgegeben und kann objektiv, auch nicht mit einem hohen Forschungsaufwand verändert werden.

Durch die Umwandlungs- und Speicherverluste (Wirkungsgrad) fliegen uns die Kosten um die Ohren. In der Grafik 2 habe ich das dargestellt, wenn Strom aus Wind und Son-ne über Elektrolyse umgewandelt, gespeichert und dann wieder in Strom zurück gewandelt wird. Der Wirkungsgradverlust liegt bei 50%, beim Einsatz in Brennstoffzellen sogar bei 75%. Um ein Beispiel zu nennen, der Strombedarf beim Einsatz von Wasserstoff über Brennstoffzellen in den 47 Millionen PKW in Deutschland wäre rund 1,5-fach größer als die gesamte heutige Stromproduktion.

+++Weitere Folgekosten kommen auf uns zu.+++

Elektrolyse-Apparate sind teuer in Bau und Betrieb und haben keine lange Lebensdauer. Hinzu kommen der Austausch von Endumwandlungsgeräten und die Einrichtung einer Wasserstoffinfrastruktur, von Pipelines und Speichersystemen, die von Tanks bis zu Salzkavernen reichen. Für eine Umstellung des PKW-Verkehrs auf Wasserstoff müssten wir die gesamte heutige Infrastruktur für Lagerung, Verteilung und Verkauf komplett neu bauen. Und zwar wegen der geringeren Energiedichte nahezu doppelt so groß, doppelt so viele Tank-schiffe, doppelt so große Zwischenlager, doppelt so viele Tank-Lkws und doppelt so viele Bodentanks in den Tankstellen. Außerdem müssen wir alles in Kryotechnik für Temperaturen nahe am absoluten Nullpunkt bauen, wodurch die Kosten noch einmal in etwa verdoppelt.

Wasserstoff kann auch über chemische Umwandlung von Erdgas unter Verwendung von Dampf (Steam Methane Reforming, SMR) neben dem Elektrolyseverfahren hergestellt werden. Beim SMR werden aber große Mengen Kohlendioxid freigesetzt und hat damit bei der Wahl keine Chancen.

Schließlich werden bei der Herstellung von Wasserstoff sowohl durch Elektrolyse als auch durch SMR große Mengen sauberen, frischen Wassers verbraucht. Der nationale Wasserverbrauch würde sich um 1-2% erhöhen und das zu einer Zeit des Klimawandels, fehlender Niederschläge und folgender Trockenperioden. Die Frischwasserversorgung ist gefährdet, man rechnet ohnehin mit einem Viertel der Ressourcen bis 2050.

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Ist das schlechter oder guter Wasserstoff? Dies ist eindeutig schlechter Wasserstoff. Wozu soll das gut sein? Vorne steckt man Strom rein und hinten kommt nur noch die Hälfte raus. Wer würde so etwas wollen? Wasserstoff ist wirtschaftlicher Selbstmord, denn dieses Vorgehen würde den Strom noch teurer machen, als er ohnehin schon ist. Andreas

Gehlmann, MdL, Sprecher

Energiepolitikhttps://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Publikationen/Energie/die-nationale-wasserstoffstrategie.html

pv magazine 29. MAI 2020: Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie, Aiwanger: „Made in Bavaria wird zum Wasserstoff-Gütesiegel“

Dr.-Ing. Hartmut Euler, Ministerialdirigent, Abteilungsleiter für Technologie im schleswig-holsteinischen Wirtschaftsministerium: Wasserstoff aus Strom oder „power to gas“ – der verlustreiche, teure und unnötige Weg

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