+++SPD – schwieriger Umgang mit der Demokratie.+++

+++Industriepark Mitteldeutschland: Der schwierige Weg zur Demokratie.

Teil 2.+++

Der Abschied vom derzeitig geplanten Industriepark Mitteldeutschland (IPM) hat doch einigen Staub im politischen Sangerhausen aufgewühlt.  Die Mitteldeutsche Zeitung vom 24. März 2021 stellte heraus, dass die Hoffnungen auf den Industriepark endgültig beerdigt sind und machte damit den nicht öffentlichen Tagesordnungspunkt der Stadtratssitzung öffentlich. Das gute Recht einer Tageszeitung, ja sogar die Pflicht in einer demokratischen Rechtsordnung die Politik der Oberen zu hinterfragen und den mündigen Bürger vollumfänglich aufzuklären.

+++Der schwierige Weg zum mündigen Bürger.+++

Beim IPM geht es nicht um eine Kleingartenparzelle, sondern um eine beplante Fläche von 149 Hektar. Von der ursprünglich geplanten Größe von 240 Hektar ist man in den letzten Jahren immer mehr abgerückt, weil ganz offensichtlich „zu groß“ gedacht wurde und eine solche Industrieansiedlung schwer vermarktbar ist.

Aber auch 149 Hektar sind eine Größenordnung im Sangerhäuser Gemeinwesen, aus der die Öffentlichkeit das Recht ableitet, ständig über den Istzustand informiert zu werden. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit ist ein „No-Go“. Politische Verantwortliche sind deshalb verpflichtet, offenzulegen, was deren Motivation ist. Wie der Facebook-Leser aus der Mitteldeutschen Zeitung lesen konnte, steht eine Motivation dahinter, dass man nicht aufklären, nicht informieren will.

+++Willi Brandt: „Wir wollen mehr Demokratie wagen.“+++

Hier hätte ein Dialog mit der Bevölkerung einsetzen können, begleitet durch eine Debatte im Stadtrat. Am Anfang sollten die Worte des Oberbürgermeisterns stehen:

            „Entschuldigung, liebe Sangerhäuser, es ist uns nicht gelungen, den        Industriepark Mitteldeutschland nach 12 Jahren zu realisieren.
Entschuldigung   an die Männer und Frauen, die in diesen Jahren
Sangerhausen und dem Landkreis den Rücken zugewendet haben.
            Wir wollen es jetzt besser machen.“

In der Abwägung zwischen Recht der Bürger auf vollumfängliche Information und einer nichtöffentlichen Entscheidung wegen eines schwebenden Verfahrens entscheiden sich Teile des politischen Sangerhausens gegen Bürgerinteressen. Jedenfalls ist das aus der SPD-geführten Stadtverwaltung der Mitteldeutschen Zeitung vom 25. März und einer Stellungnahme des CDU-Stadtverband Sangerhausen am 26. März auf deren Facebook-Seite zu entnehmen.

+++Was haben Fraktionen zu leisten?+++

Der Wunsch nach Gleichschaltung im Meinungsbild zwischen der SPD und der CDU, wirft die Frage auf, welchen Beitrag Fraktionen im Kreistag oder im Stadtrat zu leisten haben. Sitzen alle Kandidaten in „einem Boot“, „ziehen an einem Strang“ oder haben sie die Rolle, die Politik der Verwaltungsoberen zu hinterfragen, ja zu kritisieren, infrage zu stellen und eigene Vorschläge zu entwickeln?

Diese Frage ist in unserer demokratischen Rechtsordnung klar geregelt, Fraktionen haben sich nicht nur zustimmend, sondern auch gegensätzlich zu Handlungen der Verwaltungsoberen zu äußern. Zur freien Meinungsbildung gehören mindestens zwei Meinungen und nicht ein gleichgeschaltetes Meinungsbild.

Mit diesem demokratischen Grundverständnis lag die SPD oft über Kreuz. Der Wunsch nach Gleichschaltung und sozialistischer Harmonie gehört faktisch zu deren Genen. 1914 stimmte der rechte SPD-Flügel im Reichstag für die Bewilligung der Kriegskredite, Jahre später spielte sie die Rolle des „Arzt am Krankenbett des Kapitalismus“, in der Nachkriegszeit übernahm sie in der DDR die „Blutspenderrolle“ in der neugegründeten SED und heute gehören angepasstes Verhalten zur Corona-Politik der Bundesregierung zur gesellschaftlichen Norm. Das Einzelverhalten des SPD-Oberbürgermeister dürfte nicht nur aus der Person, sondern auch aus dem Gesamtkontext seiner Partei zu erklären sein.

+++“HÜ und HOTT“ in der Politik zum Industriepark Mitteldeutschland.+++

Am 18 . März beschließt der Stadtrat, sich aus dem Projekt zurückzuziehen, nach nicht einmal einer Woche antwortet der Oberbürgermeister auf die Frage, ob man sich zurückziehen wolle mit einem „klaren Nein“. Am 18. März beschließt der Stadtrat, an einer anderen Stelle die Ziele weiter zu verfolgen, wenige Tage später meint der Oberbürgermeister im MZ-Interview, dass es eine neue Vorlage gäbe, in der das nicht mehr beabsichtigt sei. Die letzte Machbarkeitsstudie zum IPM ist im Dezember 2020 beauftragt, aber Mitte März wird das Ziel beerdigt, wenige Tage wird alles widerrufen. Machbarkeitsstudien zum IPM gab es bereits 2008 und 2014.

Eine klare und erklärbare Strategie ist das nicht. Diese „HÜ und HOTT“-Politik ist mir ein Rätsel. Lösungen bieten sich zur Erklärung an:

A. Ich verstehe hier etwas falsch und bin in der falschen Leitung.

B. Das Wissen hat sich zwischen dem 18. März und dem 25. März grundlegend geändert.

C. Der Oberbürgermeister redet über einen IP, den keiner kennt.

D. Der Oberbürgermeister führt den mündigen Bürger und die Fraktionen im Stadtrat hinters Licht.

Ich hoffe auf Variante A und lasse mich gerne vom Oberbürgermeister aufklären. Variante B schließe ich aus. Variante C halte ich nicht für möglich, ausschließen würde ich sie aber nicht. Variante D überlasse ich den Urteilsvermögen des Facebook-Lesers.

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Bei so viel Text erspare ich mir ein Nachwort.

Ihr Andreas Gehlmann
Mitglied des Landtages, Sprecher Energiepolitik

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